Historisches:
Die beiden Italiener Negretti und Zambra gründeten um 1850 in London eine Instrumentenfabrikation,
zuerst mit optische Instrumente, vor allem Fernrohre und Teleskope. Beide waren auch geniale Fotografen -
vor allem Architekturfotografen. Ein nicht unbedeutender Teil aller möglichen Bauwerke der damaligen
Zeit, haben sie auf fotografischen Glasplatten festgehalten. Da sie schon damals mit speziellen
Plattenkameras gearbeitet haben, sind ihre Arbeiten bis heute richtungsweisend. Von daher waren die
beiden mir schon immer ein Begriff, da ich mich selber 30 Jahre als Optiker und Industriefotograf in
diesem Metier getummelt habe.
Die beiden bauten ihr Fabrikation aus und erweitereten ihre Produktpalette um Barometer und
Thermometer, Sextanten und andere Meßinstrumente. Schnell hatten sie einen excellenten Ruf als
Instrumentenbauer. Als Fotografen hatten sie allerdings ein immerwährendes Problem: das Wetter. Und so
kamen sie um 1865 auf die Idee, Ihre Beobachtungen und Aufzeichnungen zu einem Buch über das
Wettergeschehen zu verarbeiten. Schnell wurde es in London zu einem Standardwerk. Zu dieser Zeit hatte
die Seefahrt und somit auch die Royal Navy ein Problem mit der Wettervorhersage: man war mehr oder
weniger auf das "Bauchgefühl" des Kapitäns angewiesen. Einer der ersten, der div. Instrumente für
seine Seereisen bei Negretti & Zambra orderte, war ein gewisser Admiral Fitzroy - auch bekannt durch das
sog. Sturmglas. Das "Projekt" wurde jedoch nicht weiter verfolgt - erst die Nachnachfolger, also die
Enkelgeneration der beiden Firmengründer, erinnerten sich an diese Anfänge, das Wetter methodisch zu
erfassen und daraus Rückschlüsse zu ziehen. Zwischen 1910 und 1915 entwickelten sie gemeinsam den
sog. Zambretti-Forecaster: ein System bei dem der Luftdruck, seine Tendenz, die Windrichtung und
Jahreszeit berücksichtigt wurde. Diese Grundparameter konnte man auf mehreren Scheiben einstellen und
bekam als Ergebnis einen Buchstaben. Dieser lieferte dann eine einfache Wetterprognose.
Windrichtung war damals kein Problem: an Land hatte man die Kirchtürme mit Wetterhahn als weit sichtbare
höchste Erhebung, auf See den Kompass. Daraus entwickelten sie dann ein komplettes Instrument: ein
Dosenbarometer mit mehreren, z.T. auswechselbaren Messingscheiben. Kann man noch heute für teuer Geld
ersteigern/kaufen. Diese Zambretti-Vorhersage wurde später digitalisiert und findet noch heute in
etlichen Wetterprogrammen Anwendung (z.B. Cumulus).
Also habe ich mich Anfang 2019 dran gemacht, diese auch für WSWIN nutzbar zu machen. Schon bald
merkte ich, daß da doch im Prinzip viel mehr möglich ist - und habe die Zambretti-Vorhersage ganz
beträchtlich erweitert.
Nachdem Werner Krenn, Helmut Berger und ich sie rund 1 Jahr ausgiebig getestet haben und sie von den
allermeisten "Kinderkrankheiten" geheilt wurde, kam sie Anfang 2021 "unters Volk".


Neue zambretti-basierte Wettervorhersage:
Dieses Vorhersagescript basiert auf der Grundidee der alten Zambretti-Vorhersage von
1915, ist aber beträchtlich erweitert worden. So wird hier die Wetterlage nicht nur
analysiert, sondern auch in 9 grundsätzliche Luftdruck- sowie in 16 Tendenzklassen
unterteilt. Daraus werden dann >500 Wetterlagen klassifiziert, die wiederum mit bis
zu 5 Kurzfristtendenzen kombiniert werden können. Das Ergebnis ist ein 6-stelliger
Wetterschlüssel, der immer nur eine Wetterlage + Vorhersage generiert. In Summe sind
das also ca. 2500 verschiedene Wetterlagen, Vorhersagen und Tendenzen, die so
(rein theoretisch) gebildet werden könnten. Da sich manche Kombination wie
z.B. stabiles Sommerhoch 1042 hPa + Starkregen ausschließen, werden es rein praktisch
nur ca. 1300-1500 Wettersituationen sein.
Ebenso wie bei der original Zambretti-Vorhersage wird die Jahreszeit bzw. der Monat und optional
die dom. Windrichtung berücksichtigt. Zusätzlich ist der ThetaE-Wert integriert. Dadurch ist
es möglich zwischen eher "Landregen", Schauer und Gewitterschauer zu unterscheiden.
Die Vorhersage umfaßt immer eine Windvorhersage und eine Niederschlagsvorhersage
- z.T. auch weitergehende Wettereinschätzungen. Der (mögliche) Niederschlag wird
in 3 Kategorien ausgegeben: als Regen, Schneeregen oder Schnee.
Der Trend bezieht sich immer direkt auf die Vorhersage. So kann es durchaus sein,
daß die Vorhersage zwar gleich bleibt, sich der Trend aber verändert.

Symbole für zusätzliche Relativierung der (kurzfristigen) Niederschlagswahrscheinlichkeit bei Hochdrucklagen:
[-] eher unwahrscheinlich
[?] unsicher
[+] wahrscheinlich
[!] sehr wahrscheinlich
[§] z.Z. keine verlässliche Tendenzangabe möglich

© Matthias Krücke, www.woldegk-wetter.de